"Können Sie mir sagen, wo die Berliner Mauer stand?"

Eine häufig gestellte Frage in Berlin, das aufgrund seiner bewegten Vergangenheit den Einfluss der Geschichte auf die heutige Lebensrealität wie keine andere europäische Stadt zu spüren bekommt. An fast jeder Straßenecke lässt sich Geschichte ablesen, allerorts markiert der Bodensatz des Gewesenen das Jetzt.

Die Mauer, die Berlin achtundzwanzig Jahre lang zerschnitten hatte, spielt in der Geschichte der Stadt eine wichtige Rolle. Die Reste dieser Grenzbefestigung sind Zeugen einer geteilten Stadt ­ und eines geteilten Europas, einer geteilten Welt.
Aber wie lange noch?

Nach dem Fall der Mauer ist kaum noch etwas von der Grenze, den Absperrungen oder den Wachtürmen zu sehen. Am 9. November 1989, dem Tag der Maueröffnung, begann die Demontage des 'Schutzwalls' zwischen Berlin Ost und Berlin West. Erst kamen die Mauerspechte mit Meißel und Hammer, später folgte der systematische Abbau nahezu aller Grenzanlagen.

Inzwischen ist das ehemalige Sperrgebiet so gut wie unerkennbar geworden und obwohl immer mehr einsehen, welch bedeutenden historischen Wert die Überreste der Mauer haben, werden ihre letzten Spuren in hohem Tempo aus der sich rasant verändernden Stadt ausradiert.
'Mauerspuren'

Der niederländische Künstler Ronald klein Tank hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Verbliebene in seinem Projekt 'Berlinermauerspuren' aufzuzeichnen.

Ronald klein Tank befasst sich seit 1992 in Kunstprojekten mit Vergangenheit und Gegenwart, Anwesenheit oder Abwesenheit, Erinnerung und Gedenken. Mit einem ausgeprägten Interesse für Themen, die am Rand des Verschwindens balancieren, erforscht er historische Vorfälle und historische Stätten. In seinen ortsgebundenen Installationen und seiner Fotografie setzt Ronald klein Tank mit bestimmten Örtlichkeiten verknüpfte Geschichtsereignisse in einen Bezug zu unserer Zeit.

Sein Projekt 'Berliner Mauerspuren' gilt der Erkundung dessen, was von der Mauer noch zu finden ist. Mit Hilfe eines GPS-Geräts begibt er sich im ehemaligen Grenzstreifen auf Spurensuche, um bauliche Fragmente und andere Mauerspuren auf Foto, Video und in Rundumbildern festzuhalten. Das fotografische Werk und die geografischen Angaben bilden eine Zeitaufnahme der sich schnell dezimierenden Spuren der Berliner Mauer.

Ronald klein Tank ist der Ansicht, dass diese historischen Reste unbedingt als Geschichtszeugnisse erhalten bleiben sollten. Er will seinen Teil dazu beitragen, indem er das Projekt über das Internet zugänglich macht. Im weltweiten Netz beantworten seine Informationen und das aktuelle Bildmaterial die Frage "Können Sie mir sagen, wo die Berliner Mauer stand?" und geben gleichzeitig Aufschluss darüber, was von ihr heute noch übrig ist.